Mittwoch 24.03.2004
Nach acht Wochen mehr oder weniger ohne Schlaf - sind drei Stunden innerhalb von 24 Stunden genug? - fühlte ich mich in den letzten Tagen wie ein ausgewrungener Waschlappen. Nicht umsonst ist Schlafentzug eine Foltermethode. Dazu kamen und kommen die Zahnschmerzen. Grauenhaft.

Doch es ist ein Tabuthema über die Gefühle, die man in einer solchen Zeit entwickelt, öffentlich zu reden. Wer gibt schon gerne zu, dass er Hassgefühle gegen sein Kind entwickelt, dass er es am Liebsten in der Wiege liegen lassen würde und sich selbst mit Oropax ins eigene Bett schmeißen und die Decke über beide Ohren ziehen würde? Wer gesteht, dass er sich ab und zu überfordert fühlt mit den Aufgaben, die tagtäglich neben der Zeit, die man mit dem Kind verbringt zu erledigen sind?

Chantal schläft schon mit drei Wochen durch, Kevin ist ein einziger Sonnenschein und in den ersten Wochen schläft ein Kind doch ohnehin 20 Stunden am Tag, also hat man doch genug Zeit für sich!

Aha, da haben wir anscheinend ein Ausnahmekind, denn Hannah ist wahnsinnig aufmerksam, möchte nicht im Kinderwagen liegen, sondern sitzen damit sie alles sehen kann. Sie schläft tagsüber gar nicht mehr (schon seit drei Wochen nicht mehr!), will beschäftigt werden, an Dingen riechen, sie angucken und bestaunen. Sie liebt Streifen und Licht, Neonröhren in der ganzen Wohnung wären optimal.

Das ist ja auch alles wunderbar und wir sind irre stolz, so ein aufgewecktes Wesen im Haus zu haben, aber dummerweise passt ihre wahnsinnige Neugier und Aktivität überhaupt nicht zu meinem aktuellen Schlafbedürfnis.

Bis wir vor drei Tagen auf eine gute Idee gekommen sind: Hannah schläft am liebsten, besten und längsten, wenn sie auf dem Bauch liegt. Der böse Geist des plötzlichen Kindstodes schwebt aber immer über dem Bett und daher kamen wir bisher gar nicht auf die Idee, Hannah nachts auf den Bauch zu legen.

Mein dringender Wunsch nach Schlaf hat uns aber dazu gebracht, es einfach einmal auszuprobieren. Hannah lag also eine Nacht lang auf dem Bauch zwischen uns in der Besucherritze. Und siehe da: sechs Stunden Schlaf am Stück!

Ich fühlte mich wie neugeboren und sehr viel ausgeglichener und fitter als in den letzten beiden Wochen, wo meine Kräfte doch ordentlich nachließen. Und davon profitiere nicht nur ich, sondern auch Hannah, denn eine zufriedene Mutter kann mehr Geduld aufbringen und hat mehr Ideen, wie sie ihr Kind sinnvoll beschäftigen kann.

Letzte Nacht hat Hannah sogar acht Stunden am Stück geschlafen und Holgers sehnlichster Wunsch ging in Erfüllung: endlich mal wieder vom Wecker geweckt werden *g* und nicht von Hannah, die um Punkt 5:30 Uhr quengelig wird!

Und das Beste: wir müssen Hannah nicht unbedingt auf den Bauch legen, da sie sich anscheinend durch die zwei Nächte bäuchlings wohl daran gewöhnt hat, länger zu schlafen, gelingt es ihr nun auch auf dem Rücken liegend. Ich brauchte sie erst heute morgen um 4:30 Uhr einmal zu wenden und sie ratzte bis um 7:30 Uhr weiter - von 23:30 Uhr an!

Hannah strahlte mich heute morgen breit an, als sie die Äuglein öffnete und Dank des Schlafs, den ich bekommen hatte, strahlte ich ebenso breit zurück! Ich liebe Dich, mein Kind!
10:16 Uhr | 8 Kommentare | Dies und Das



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