Mittwoch 11.03.2015

Ich mag liebe meinen Mann und ich mag es, zu reisen. Und beides nicht nur mittwochs! ;-)

Der Mann und ich haben uns an einem Sonntag vor ziemlich genau 13 Jahren kennengelernt, an dem wir nach einem ewig langen Telefonat mit unendlich peinlichen Geständnissen meinerseits (ich habe PUR CDs besessen!) im offenen Cabrio durchs Ruhrgebiet gedüst sind. Es war zwar etwas frisch, aber hey! Cabriofahrt! Da sagt man doch nicht "Ach nee, lass mal ruhig zu..."

Drei Wochen später verbrachten wir eine Nacht bei einem Freund in Bad Driburg (Eddie musste Holger doch kennenlernen und sein Okay geben!), am nächsten Wochenende halfen wir ihm in der neuen Wohnung in Münster (was für ein Absturz am Abend im Keller der Boeselburg!) und fuhren am nächsten Tag spontan nach Bremen weiter. Wenn man schon mal unterwegs ist...

An "Mr Winkelman" denke ich noch heute bei jeder Tasse Tee, die ich mir koche! Wir hätten stundenlang einfach nur im Frühstücksraum sitzen und diesem hochmotiviertem Menschen bei seinem Job zu sehen können! So viel Feuer und Elan sieht man selten! Und überhaupt war das Marriott einfach großartig: Schnell eine Vase für die halb vertrocknete Rose organisiert, Schampus aufs Zimmer und ein wirklich toller Ausblick auf die Stadt.

Die Feiertage im Mai verbrachten wir unterwegs: Spontan nach Frankreich, ein toller Tag in Heidelberg, das viel zu enge Parkhaus in Metz, in dem der Wagen mehrfach aufsetzte, und wie wir es aus Ottoschwanden herausgeschafft haben, ist mir immer noch ein Rätsel!

Wenn wir nicht gerade unterwegs waren, waren wir auf fünf Hochzeiten in sechs Wochen und immer in anderen Städten! Mal schliefen wir in einer Pizzeria und bekamen dort das beste Frühstück aller Zeiten, ein anderes Mal übernachteten wir mit den anderen Gästen in einem christlichen Jugendgästehaus und hatten einen tollen Pfälzer Abend vor der Hochzeit.

Als wir dann den Sommerurlaub in Portugal (Holger sagte "Mach mal die Augen zu und zieh einen Reiseführer aus dem Stapel!" - er hat mich zur Seite geschubst, sonst wären es die Seyschellen geworden!) gebucht haben, hatten wir schon ein paar tolle Kurzurlaube miteinander verbracht und als wir zurückkamen, stand fest, dass wir zusammen ziehen werden.

Ziemlich genau ein halbes Jahr, nachdem ich zum ersten Mal zu dem fremden Mann ins Cabrio gestiegen bin, zog ich bei ihm ein. Drei Monate später machte mir der beste Mann der Welt einen Heiratsantrag in New York, wo wir beim ersten Schnee nach 25 Jahren durch den Central Park gelaufen sind und am ersten Weihnachtsfeiertag in Chinatown Gratiskakao im Starbucks bekamen.

Warum ich das alles erzähle? Weil unsere Liebesgeschichte auch eine Geschichte von vielen Reisen ist. Wir sind einfach gerne unterwegs. Aber das kennen wir beide nicht anders:

Unsere Eltern haben mit uns jedes Jahr Urlaube gemacht: Während Holger meist Flugreisen mit seinen Eltern unternommen hat, war ich mit meinen Eltern in Europa unterwegs.

Wir fuhren immer mit dem Auto, gerne 1200km am Stück mit einer kurzen Zwischenübernachtung auf einem Rastplatz in Nürnberg, Füße auf dem Armaturenbrett, wenn wir nachts um zwei losgefahren sind. Immer mit dabei: Unser Dackel Sascha, der hinterm Fahrersitz auf dem Boden schlief.

Meistens zog es uns in den Süden: Viele Male fuhren wir nach Österreich an den Wörthersee - wie war ich verliebt in Hannes, den Sohn der Wirte, in dessen Zimmer ich einen Urlaub lang auch schlafen durfte. Er hatte eine Dschungelbuchtapete und Stinkbomben in seinem Zimmer! Mit seiner Mutter habe ich zusammen in der privaten Küche gebacken und durfte als einziger Gast das Klo mit dem Burgblick benutzen. Einmal hat mich der Wirt am langen Arm bei einer Bergtour abgeseilt! Ein Bär von einem Mann - vor allem, wenn man sieben Jahre alt ist!

Ganz oft ging es nach Jugoslawien (ich war auf der Burg der Roten Zora!), einmal waren wir am Gardasee, dann ging es in den Schwarzwald, als der Bürgerkrieg in Jugoslawien tobte. Dort küsste ich einen Schotten namens Paul und ich verstand endlich den erweiterten Infinitiv: "I don?t want you to go!" Leider blieb Sascha im Schwarzwald - nach 13 Jahren, zweimal Dackellähmung und Krebs musste er wegen akuter Blutungen eingeschläfert werden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er im Garten des Tierarztes begraben wurde.

Wir fuhren an die Ostsee, machten Kur-Urlaube in Bayern und liefen durch eine Klamm als ein fürchterliches Gewitter uns überraschte. Wir lernten auch Freunde im Urlaub kennen, die wir dann wiederum besuchen fuhren. So kamen wir mal spontan nach Wien!

Mein erster Flug war übrigens in einem Segelflugzeug! Leider war die Thermik nicht gut und es war nach 15 Minuten vorbei. Mein erster Flug in einer Propellermaschine ging von Amsterdam nach Brüssel und dann direkt bis Chicago. Da war ich schon im Studium!

Reisen ist einfach toll und man hat immer einen unglaublichen Schatz an Geschichten! Und es ist einfach großartig, einen Menschen an meiner Seite zu haben, der nicht nur in diesem Punkt genauso tickt wie ich.

Wenn man das nun alles weiß, ist es auch nicht sonderlich verwunderlich, dass wir dieses Jahr am Tag unseres Kennenlernens ganz spontan eine Woche London gebucht haben. Wir wollten da beide immer schon mal hin und das große Kind quengelt schon länger, dass sie mal in ein Land möchte, wo sie ihr Englischwissen anwenden kann. Also sind wir die erste Osterferienwoche in der Stadt an der Themse.

Wie schon in Barcelona und Berlin haben wir auch dieses Mal kein Hotel gebucht, sondern eine Privatwohnung im Zentrum. Ich bin gespannt, wie es wird und nehme Tipps zu kleinen versteckten Cafés, Insiderwissen über die tollsten Märkte oder auch "Geht bloß nicht da und da hin!" Hinweise gerne entgegen.

Aber ich mag es ohnehin, wenn wir uns einfach treiben lassen und schauen, was passiert. Die Ereignisse, an die man sich sein Leben lang erinnert, kann man sowieso nicht planen.

Die touristischen Highlights werde wir sicherlich mitnehmen, aber ein paar Tage einfach nur die Stadt aufsaugen und dann immer wieder gerne darüber abends reden, das ist das Tolle. So wie Frederik in der Geschichte von Leo Lionni die Sonnenstrahlen sammelt und im dunklen Winter mit seinen Geschichten die anderen Mäuse aufwärmt.

Ja, ich mag es zu reisen.
20:55 Uhr | 4 Kommentare | Mittwochs mag ich



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