Einhändig und ziemlich schnell war er unterwegs, immerhin mit Helm, aber leider wohl auch viel zu unvorsichtig. Mit dem Vorderrad hat er Hannah zu Boden gerammt und fiel dann mit dem Lenker und seinem gesamten, nicht gerade geringen Körpergewicht auf Hannahs Brust.
Hannah ist nun gut gekühlt, mit Schmerzmitteln und Traumel Salbe versorgt in ihrem Bett, wo sie alleine sein will. Mit aufgeplatzter Lippe und gerissenem Lippenbändchen sieht sie aus wie ein Preisboxer. Am am schlimmsten ist der riesige blaue Fleck auf ihrer Brust. Vom Brustbein bis zur Achselhöhle ist alles rot, blau, teilweise mit abgeschrabbter Haut.
Der Junge schwang sich mit seinem Toastbrotsandwich direkt wieder aufs Rad und verschwand. Wohl auch unter Schock oder mit Angst vor Konsequenzen. Zwei Jungs aus seiner Klasse kamen aber direkt angelaufen und nannten mir den Namen des Jungen. Ob ich mich nun bei seinen Eltern melden soll, weiß ich nicht. Nicht jetzt, wo ich noch unter Adrenalin stehe. Vielleicht später, um zu fragen, ob es ihm und seinem Butterbrot, äh, Fahrrad gut geht.
Und jetzt schleiche ich mich mal wieder zu Hannah rein, vielleicht will sie ja was vorgelesen bekommen.
Nachtrag 15 Uhr:
Hannah schläft. Also muss es sie doch arg erwischt haben, hält sie doch seit kurz vor ihrem zweiten Geburtstag keinen MIttagsschlaf mehr.
Die Mutter des Knaben habe ich bereits angerufen. "Er hat sich den Ellbogen aufgeschlagen und kam türenknallend nach Hause. So sind Kinder halt", war der Kommentar der Mutter. Aber dann kam doch noch eine kleine Nachfrage, wie es Hannah denn geht.
Ob sie mit ihrem Sohn über die Gefahren von Toastbrotsandwichen während der Fahrradfahrt sprechen wird, weiß ich nicht, denn schließlich hätte er ja die Fahrradprüfung erfolgreich abgelegt. Und außerdem stand da ein Auto, das da nicht sein dürfte. Ach, das ist eine Strasse, ach so. Ähem.
Nun ja. Hoffen wir, dass beide Kinder mit dem Schrecken davon gekommen sind und das Wochenende doch noch schön wird.
Nachtrag 16:30 Uhr:
Nach anderthalb Stunden Schlaf ging es Hannah nicht besser. Sie sieht fahl und müde aus. Ich lese ihr aus einem Buch vor, als sie sich plötzlich vorbeugt und einen Riesenschwall auf den Kinderzimmerboden bricht.
Also fahren wir jetzt doch einmal zur Ambulanz. Sicher ist sicher.
Nachtrag 18:45 Uhr:
Diagnose: Leichte Gehirnerschütterung. Aber ich darf Zuhause beobachten, die Nacht im Krankenhaus bleibt uns allen erspart. Lob für die direkte Gabe von Schmerzmitteln nach dem Unfall. Ärztin: "Und dann kommen Eltern, geben ihren Kindern nichts und wundern sich, dass es nicht besser wird."
Und vielen Dank für all die lieben Worte! Hannah geht es schon wieder besser - zumindest hat sie wieder etwas Farbe im Gesicht.
13:45 Uhr
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